Die präoperative Auswahl und Beratung

Die präoperative Auswahl und Beratung ist sehr wichtig!

Vor allem ist es schwer, scheinbar einseitig betroffenen Patienten zu erklären, dass die andere, offenbar „gesunde“ Seite mit höchster Wahrscheinlichkeit ebenso betroffen ist und dies erst nach der Operation des hauptsächlich betroffenen Oberlids auftreten und einen „Fehler des Operateurs“ simulieren wird. Der Mechanismus dahinter ist sehr trickreich, jedoch nachvollziehbar. Ich hoffe, ich kann Ihnen dies nachfolgend einigermaßen verständlich erklären:

Bei den Patienten kommt es, wie bereits oben erklärt, zu einer allmählichen Verlängerung der Lidheber-Sehne und damit zum entsprechenden Absinken des Augenlids. Jedoch werden fast immer zwei wichtige Begleit-Aspekte vorliegen:

1. Die allmähliche Verlängerung der Lidheber-Sehne wird durch eine zunehmend intensivere Dauer-Kontraktion des Lidheber-Muskels (Levator-Muskels) lange Zeit unbemerkt kompensiert. Erst wenn der Muskel maximal kontrahiert ist und sich die Sehne dennoch weiter ausdehnt, kommt es zum sichtbar beginnenden Absinken des Oberlids. Die klinisch feststellbare Blepharoptosis stellt also bereits eine Art „Endstadium der maximal möglichen Levator-Muskelkontraktion“ dar. Dies muss verstanden werden.
2. In fast allen Fällen kommt es bei den betroffenen Levator - Muskelsehnen zu einer unterschiedlich starken Insuffizienz (d.h. geschwächten Überdehnung). Daher kann es sein, dass das eine Oberlid herabzusinken beginnt, während das andere Oberlid jedoch noch muskulär kompensiert werden kann, d.h. „normal“ zu funktionieren scheint. Wenn in solchen Fällen dann die scheinbar alleinig betroffene, „schlimme“ Seite erfolgreich operiert wird, kommt es - selbstverständlich - zu einer sofortigen Entspannung des Levator-Muskels, weil seine kompensatorische Extrem-Kontraktion nicht mehr erforderlich ist. Dies ist auch der Grund, warum operativ immer um ca. 2 mm über die klinisch messbare Sehnenverlängerung hinaus überkorrigiert werden sollte.
   Da jedoch der Mensch nicht in der Lage ist, seine beiden Augen unabhängig voneinander zu betätigen (wie z.B. das Chamäleon), wird es postoperativ auch auf der klinisch scheinbar „gesunden“ Seite zu einer reflektorischen Levator-Entspannung kommen, und dadurch dieses Oberlid ebenfalls absinken. Dies kann in der Folge sehr schnell zu ungerechtfertigten Vorwürfen gegenüber dem Operateur führen, er hätte Fehler gemacht. Mitnichten!

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