Die deutsche Ärzteschaft erlebt ihr Waterloo
Ausführliche Informationen zum Verfall der ärztlichen Gebührenordnung GOÄ
Hintergrund:
Die GOÄ-Differenzen zwischen Ärzten und Privaten Krankenversicherern, einschließlich des Staates als Träger der größten Privaten Krankenversicherung, der Beihilfe, werden von Jahr zu Jahr häufiger und aggressiver. Die juristischen Auseinandersetzungen zu GOÄ-Abrechnungsfragen nehmen kontinuierlich zu.
In der Bundesärzteordnung BÄO in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. April 1987, BGBI. I, S. 1218 / S. 1222 Kapitel V, §11 (11.) heißt es: „Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Entgelte für ärztliche Tätigkeit in einer Gebührenordnung zu regeln. In dieser Gebührenordnung sind Mindest- und Höchstsätze für ärztliche Leistungen festzusetzen. Dabei ist den berechtigten Interessen der Ärzte und der zur Zahlung der Entgelte Verpflichteten Rechnung zu tragen.“
Tatsächlich besteht die GOÄ seit 1982 bis heute fast unverändert weiter, zu exakt denselben Gebührensätzen.
Ziel der vorliegenden Studie ist es zu berechnen, wie sich die Einkommens- und Verdienstverhältnisse der Ärzteschaft im Rahmen der fortbestehenden GOÄ seit 1982 unter Berücksichtigung der Allgemeinen Inflationsrate in Deutschland geändert haben und hiermit neuen GOÄ-Verhandlungen – und ggf. auch der Bundesärztekammer (vgl. Diskussion) - ein verlässliches finanzielles Gerüst für die Neuerstellung und finanzielle Kalkulation einer Nachfolge-GOÄ an die Hand zu geben.
Doch stehen auch die deutschen Gerichte angesichts zunehmend über den 2,3- fachen und 3,5-fachen Steigerungssatz hinaus gestellter ärztlicher Honorarrechnungen vor Plausibilitäts-Entscheidungen. Verstößt ein höher angesetzter Steigerungssatz gegen das Ärztliche Berufsrecht im Sinne von § 138 BGB, § 12 Abs. 1 MBO-Ä mit dem Eindruck von „Wucher“ oder „wucherähnlichem Rechtsgeschäft“? Wo liegen die Grenzen zwischen noch akzeptabler, seriöser Abrechnung und „wucherähnlichem Rechtsgeschäft“? Hier liegen die Ansichten und Einstellungen oft weit auseinander und zwingen zur „Abwägung“, für die jedoch meines Wissens keinerlei inflationsbereinigte wirtschaftliche Basis-Berechnungen vorliegen, zumindest jedoch nicht allgemein zugänglich publiziert wurden.
Und weiter gefragt: Wie viel Mühe „darf“ sich ein Arzt geben, um ein bestmögliches Behandlungs-Ergebnis zu erreichen? Wir wissen alle: Je mehr Mühe man sich gibt, umso mehr Zeit benötigt man. Das gilt sowohl für Operationen (mikrochirurgische Erhaltung von feinen Nerven und Lymphbahnen, bestmögliche Nahttechniken), für technische Untersuchungen (bestmögliche, sehr hochwertige, jedoch auch deutlich teurere Gerätschaften, angefangen beim Ultraschallgerät und geendet beim „High-Class-MRT“), bis hin zu den Nachbehandlungen (reicht eine 5-Minuten-postop.-Kontrolle oder sollten es doch 25 Minuten sein, um unbewusste Fehlerquellen von Patienten rechtzeitig erfassen und gegensteuern zu können, oder auch nur ausführlich und laien-verständlich die postoperative Phase erklären zu können)? Wir wissen alle, dass Fehler sehr viel mehr Geld kosten können als ärztliche Honorare. Doch dies bleibt in der GOÄ – und im EBM – ohne Berücksichtigung.
Inzwischen ist bekannt geworden, dass die von der Bundesregierung eingesetzte Gebührenordnungs-Kommission (GEKO) die jährlich-inflationäre wie auch die organisatorische und apparative Kostensteigerung der Leistungsträger (Ärzteschaft, Kliniken) komplett ignorieren, nicht einmal hintenan stellen wird. Mit weiteren Einkommensverlusten der medizinischen Leistungsträger ist demnach auch bei einer neu erstellten Gebührenordnung zu rechnen.
Dann hat seit 2022 und dem Ukraine-Krieg die Inflation stark zugeschlagen. Ich konnte Verteuerungen medizinischer Produkte von bis über 50 % beobachten, natürlich nicht durchgehend. Doch gab es keinen einzigen Medizinprodukte-Hersteller, der seine Waren in den letzten beiden Jahren nicht spürbar verteuert hätte. Und auch Gas / Strom / Energie sind in der Kostenbelastung massiv angestiegen. Derart stark, dass die Bundesregierung sogar mit Sonderzahlungen und Vergünstigungen die Bürger wie auch Betriebe entlasten musste. Warum nicht die Ärzte und Kliniken? Hier gab es keinerlei Entlastung und keinerlei Anpassung der anrechenbaren Behandlungsgebühren an die deutlich veränderten Kostenverhältnisse.
Aktuell (August 2023) tritt die Ärzteschaft endlich vor die Presse mit der „so kann es nicht mehr weitergehen“-Botschaft. Das scheint inzwischen sogar der Staat bereits anerkannt zu haben. Alle wissen, dass verbesserte ärztliche Leistungsvergütungen eingeführt werden müssen. Doch wo liegt das richtige Maß, der richtige Maßstab?
Hierzu fehlen Zahlen und Fakten, um eine realistische Einschätzung vornehmen zu können.
Der beste Maßstab ist derjenige, den die Ärzteschaft bereits hatte. Im Jahr 1982. Geht man davon aus, dass die damaligen Honorarvergütungen allgemein nicht als „Wucher“ angesehen wurden, dann wäre die um die jährliche Inflationsrate bereinigte Honorarordnung ein zuverlässiger Orientierungs-Maßstab. Doch müsste man sich dazu noch bewusst machen, dass zwischenzeitlich zahlreiche, kostenintensive Anforderungen, Bestimmungen und Gesetzesregelungen hinzugekommen sind wie die Qualitätssicherung / Qualitätsmanagement, stark verschärfte Hygienebestimmungen, verschärfte Dokumentationspflichten, MedGV, medizinische EDV und viele andere, mit denen Ärzte und Kliniken zusätzlich und spürbar finanziell belastet werden.
Das heißt, dass die reine „Inflations-Bereinigung“ eine angeglichene Honorarsituation der Ärzteschaft an den Stand des Jahres 1982 noch lange nicht herstellen kann. Sie wäre lediglich der berühmte „Schritt in die richtige Richtung“.
Sie könnte auch ein Schritt sein, das zunehmende Praxissterben zu reduzieren, weil junge Ärzte sich nicht mehr in der Lage sehen, die wirtschaftliche Herausforderung einer eigenen Arztpraxis zu meistern. Dies anzunehmen, zu verstehen und gegenzusteuern, ist Aufgabe des Staates bzw. der Regierungen. Doch hierzu werden auch „Instrumente“ dringend benötigt.
Solche „Instrumente“ will die vorliegende Studie bereitstellen.
Methode:
An der häufigsten GOÄ-Ziffer Nr. 5 (Symptombezogene Untersuchung) (2.) wurde beispielhaft untersucht und berechnet, wie sich diese Ziffer zwischen 1982 und Juli 2023 im Wert verändert hat und wie sie sich bei Anlehnung an die jeweilige, jährliche Inflationsrate für Deutschland hätte verändern müssen.
Der zwischenzeitliche Wertverlust der GOÄ wurde ermittelt und in Beziehung gesetzt zu den im gleichen Zeitraum prozentual angestiegenen Tarifgehältern für Medizinische Fachangestellte (MFA), die ein unbezweifelter, fundamentaler Stützpfeiler jeder Arztpraxis sind.
Der Wertverlust der GOÄ wurde ferner in Beziehung gesetzt zu den zwischenzeitlich drastisch gestiegenen Anforderungen an den allgemeinen Betrieb einer Arztpraxis und deren (in ihrer Gesamtheit kaum vollends allgemein bestimmbare) Zusatz-Kostenbelastungen.
Ergebnisse:
Inflationsbereinigt hätten alle GOÄ-Ziffern aus dem Jahr 1982 bis Juli 2023 um knapp 250 % steigen müssen, um den reinen Werterhalt der ärztlichen Arbeitsleistung zu gewährleisten. Im Umkehrschluss sank der Geldwert der ärztlichen Honorare im Berechnungszeitraum um mehr als die Hälfte. Dabei flossen die finanziellen Zusatzbelastungen von mindestens 44 Punkten (Erklärung siehe unten), Gesetzen, Erlassen und aktuellen beruflichen Notwendigkeiten bzw. Anforderungen nicht in den berechneten Honorarverlust mit ein. Sie stellen zusätzliche, regelmäßige Kostenfaktoren dar. Gegenläufig entwickelten sich die Tarifgehälter der Medizinischen Fachangestellten (MFA) zwischenzeitlich weiter und stiegen im Berechnungszeitraum als Durchschnittswert für mittlere Tarifgehälter (Tätigkeitsgruppe 3 nach MFA-Tarifvertrag 2023) zwischen 280 und knapp 340 % an, was den Honorarverlust ärztlicher Leistungen naturgemäß weiter verschärft.
Schlussfolgerung:
Die Bundesregierung steht in der gesetzlich verankerten Verantwortung für die Honorar-Vergütung der Ärzteschaft (11.), hat diese jedoch seit 1982 (fast) überhaupt nicht wahrgenommen. Hierdurch entstand eine erhebliche Finanzierungslücke im niedergelassenen Bereich, die seitens der Ärzteschaft kompensiert werden muss. Dies kann nicht gelingen unter Einhaltung der gewohnt hohen medizinischen Versorgungs-Qualität, da seitens der Krankenversicherer (und auch des Staates als Träger der Beihilfe) eine finanzielle Blockadehaltung bezüglich des adäquaten und zeitangepassten Ansatzes von Steigerungsfaktoren die Regel ist (Maximum: 3,5-facher Steigerungssatz, regelmäßig mit Begründung dieses Steigerungsfaktors als „Ausnahme-Steigerung“). Hieraus ergeben sich für niedergelassene Ärzte zwingende wirtschaftliche Notwendigkeiten durch Anhebung der Patienten-Frequenz mit daraus folgender, zwangsläufiger Reduktion der Versorgungsqualität und Verlagerung der ärztlichen / fachärztlichen Tätigkeit auf finanziell lukrativere Gebiete wie IGeL- und ästhetische Leistungen, also sog. „Selbstzahler-Leistungen“. Dies wiederum erhöht relevant den Facharztmangel, weil zeitliche ärztliche Ressourcen von der Grundversorgung zu den alternativen Tätigkeitsfeldern (z.B. „Ästhetik“) abwandern. Hierdurch beschleunigt sich zwangsläufig die Degeneration des regulären deutschen Gesundheitssystems und der schon bestehende Ärztemangel, wenn nicht seitens der Bundesregierung neue und finanziell lukrativere Wege der ärztlichen Honorierung beschritten werden.
Originalarbeit
Einleitung:
Die Redewendung „Sein Waterloo erleben“ wird als Synonym für eine totale Niederlage gebraucht. Mit dieser Metapher bezieht man sich auf die berühmte Schlacht von 1815 in der Nähe des heute belgischen, damals zum Königreich der Vereinigten Niederlande gehörenden Dorfes Waterloo, wo Napoleon Bonaparte in seiner letzten Schlacht gegen die alliierten Truppen des englischen Generals Wellington und des preußischen Feldmarschalls Blücher unterlegen war. Dies hatte Napoleons Herrschaft der Hundert Tage beendet und zu seiner Abdankung geführt, woraufhin er ins Exil auf die Atlantikinsel St. Helena verbannt wurde und dort am 05. Mai 1821 verstarb. (1.)
Die „Totale Niederlage“ droht der deutschen Ärzteschaft ebenfalls, seit sie ihre „medizinische Fachkompetenz“ unter das Joch der Wirtschaftlichkeit hat stellen lassen, und seitdem fast ausschließlich „betriebswirtschaftlich dirigiert“ wird.
Diese artifiziell geschaffene, juristische, politische und ökonomische Abhängigkeit der sogenannten „Freiberuflichen Ärzteschaft“ resultiert geschichtlich aus einer Rechtsverordnung der Bundesregierung, die mit Zustimmung des Bundesrates im Jahr 1987 als „Amtliche Gebührenordnung“ erlassen wurde (Bundesärzteordnung BÄO in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. April 1987, BGBI. I, S. 1218 / S. 1222 Kapitel V, §11 (11.). Hierin heißt es: „Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Entgelte für ärztliche Tätigkeit in einer Gebührenordnung zu regeln. In dieser Gebührenordnung sind Mindest- und Höchstsätze für ärztliche Leistungen festzusetzen. Dabei ist den berechtigten Interessen der Ärzte und der zur Zahlung der Entgelte Verpflichteten Rechnung zu tragen.“ (2.) (GOÄ, Dt. Ärzteverlag, Ausg. 1.5.2001, S. 13)
Diese rechtliche Festlegung basiert auf der damaligen Amtlichen Gebührenordnung vom 12. November 1982 (BGBI. I, Seite 1522 ff.) (3.), die auch heute noch in wesentlichen Teilen Grundlage der privatärztlichen Gebührenberechnung der Ärzteschaft darstellt und seitdem in nur sehr geringfügiger Weise verändert wurde. Es geht also nachfolgend um eine inzwischen 41 Jahre alte, kaum veränderte Gebührenordnung sowohl in Bezug auf die Vergütung ärztlicher Leistungen als auch deren Leistungsbeschreibung im Verlauf dieser sehr langen Zeitspanne.
Erinnern wir uns: 1982 war die Zeit, als „Computer Freaks“ auf dem COMMODORE 64 Ping-Pong-Tennis mit zwei Strichen und einem sich in der Mitte dazwischen bewegenden Punkt spielten. MICROSOFT gab es ebenso wenig wie APPLE, von Handys hatte niemand je etwas gehört und Auto-Mobiltelefone waren eine seltene, luxuriöse Sensation. Auch das Internet war noch lange nicht erfunden, statt dessen rollte die zweite Rock’n Roll-Welle mit Shakin‘ Stevens und den Ace Cats durch Deutschland. Und an jeder Ecke gab es eine Telefonzelle, zuerst in gelb, später in magenta gefärbt.
Aus dieser Zeit stammt das medizinische Wissen, das laut Bundesverordnung heutige ärztlich-medizinische Leistungen jeglicher Art beschreiben soll, und auf dieser Grundlage auch honorieren will. Den allgemeinen Informationen nach sollen im Hintergrund Gespräche, Verhandlungen, Festsetzungen stattfinden, jedoch ohne offene, transparente Kontrollmöglichkeit durch die Ärzteschaft. Die Gefahr ist daher groß, dass weitere Kürzungen statt Honorarerhöhungen, weitere Restriktionen der ärztlichen finanziellen Entscheidungsfreiheit statt Freigaben gemäß freiwilliger Leistungsbereitschaft im Qualitätssinne der Ärzteschaft auferlegt werden. Insbesondere fehlt eine realistische Orientierung an festen Geldwerten und inflationär-ökonomischen Entwicklungen, um dem zu erwartenden, intensiven Preisdruck in der Leistungsbewertung durch die Privaten Versicherer und der Beihilfe standhalten und dies argumentativ belegen zu können.
Nach Wissen des Autors dieser Studie gibt es bisher keine aussagekräftigen, öffentlich zugängigen Bewertungs-Rechnungen, die die Beeinflussung der GOÄ-Positions-Wertstellung durch die jährliche Inflationsrate in der Bundesrepublik berücksichtigen und herausstellen.
Ich habe meine Praxis für Chirurgie im Jahr 2000 eröffnet, voller Elan und Zukunftserwartung, bereit, die Ärmel hochzukrempeln und bei der Arbeitszeit niemals auf die Uhr zu sehen. So wie Viele unseres Berufsstandes verschuldete ich mich für meine Praxisgründung mit einem ordentlichen 7-stelligen Kreditbetrag, den ich noch heute annuierend abzahle. Hätte ich damals diese hohe Schuldenverpflichtung aufgenommen, wenn ich gewusst hätte, wie sich die Einkommenssituation der Ärzteschaft in den kommenden Jahren und Jahrzehnten entwickeln würde? Ich vertraute damals fest auf die deutsche Politik, die ja wissen sollte, dass politisch fixierte Arzthonorare auch irgendwann an die wirtschaftliche Gesamtentwicklung angepasst werden müssten. Seitdem gab es wirtschaftliche Talfahrten wie die Weltfinanzkrise 2008 und die CORONA-Krise 2020 - 2023, aber auch ökonomische Gipfelpunkte, z.B. zwischen 2010 und 2019, mit noch nie dagewesenen Gewinnmargen für zahlreiche Wirtschafts- und Finanzunternehmungen. Doch bei der Gebührenordnung für Ärzte tat sich überhaupt nichts, trotz wiederholter, frustraner Versuche seitens der Ärzteschaft, die zwischen 2020 und 2021 wohl intensiviert wurden (12.), jedoch ohne transparente Nachvollziehbarkeit der Verhandlungsergebnisse: „ … konnte … ein Konsens über eine Datengrundlage zur Mengenberechnung der neuen Gebührenpositionen für die Abschätzung der finanziellen Folgen einer neuen GOÄ erzielt werden. Nach diesem Konsens der Mengenberechnungen sind unter Zustimmung der beteiligten Verbände und Fachgesellschaften die finalen Euro-Bewertungen, basierend auf der ärzteeigenen Version, seit April 2021 Gegenstand der aktuellen abschließenden Abstimmungen zwischen BÄK und PKV-Verband.“ (12.) Besonders beängstigend liest sich in dieser Stellungnahme der Wortlaut „… für die Abschätzung der finanziellen Folgen einer neuen GOÄ …“ (12.) Die Interpretation dieser Formulierung legt nahe, dass die Bundesärztekammmer – die Ärztliche Standesvertretung – besorgt ist, ärztliche Leistungen einer novellierten GOÄ könnten für die Privaten Versicherer zu teuer werden. Nach 41 Jahre lang eingefrorenen Honorarbewertungen!
Fazit: Überlebensstrategien entwickeln, neue Ideen weiter verfolgen, trotz der „Gebührenordnungs-Zwangsjacke“, in die ein niedergelassener, abrechnungsberechtigter Arzt „gesteckt“ wird.
So wie mir selbst, ging es zahlreichen ärztlichen Kolleginnen und Kollegen in Arztpraxen und Krankenhäusern. Auch mein Beleg-Krankenhaus wurde 2017 aus finanzieller Not heraus an ein Großklinikum weiterverkauft und nach einem Jahr dann endgültig geschlossen. „Aus wirtschaftlichen Erwägungen“.
Die Vergütungs-Streitigkeiten der Privaten Versicherer nahmen von Jahr zu Jahr zu, wurden seitens der Versicherer aggressiver, mit kaum verhohlenen Hinweisen ihren Versicherten gegenüber, dass es „Unregelmäßigkeiten in der Arztabrechnung“ gegeben habe. Die Privaten Versicherungsunternehmen streichen auf diese Weise entweder abgerechnete Ziffern oder ersetzen die zur Abrechnung eingereichten GOÄ-Positionen durch weniger valide, einfachere GOÄ-Ziffern. Das ist mittlerweile Standard. Aus der Not adäquater Prozedur-Beschreibung gemäß aktuellen medizinischen Wissensstandes in Ansatz gebrachte Analogziffern werden in der Regel nicht anerkannt und gestrichen (Beispiel: Tumeszenz-Anästhesie: GOP 290 „Infiltration gewebehärtender Mittel“) (2.). Und so ging es fast allen Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich über dieses leidige Thema sprechen konnte. Jedoch, ist es denn Sinn und Zweck unseres Berufes, einen Großteil unserer ärztlichen Arbeitszeit und täglichen Arbeitsleistung auf die Rechtfertigung unserer Honorarabrechnung zu verwenden, sich zu rechtfertigen gegenüber Patienten und Versicherungen, Rechtsanwälten und Richtern? Natürlich müssen wir das nicht, wenn wir „schön niedrig“ abrechnen, den 2,3-fachen Steigerungssatz nicht überschreiten und von den möglichen Gebührenziffern, die zur Verfügung stehen, immer „brav“ die niedriger dotierte verwenden. Nur müssen wir davon auch unsere Praxen und Mitarbeiter-Gehälter finanzieren können. Ist denn dies heute noch gegeben?
Eines fiel mir seit Gründung meiner Praxis auf: Identische Behandlungen und Operationen wurden immer weniger kostendeckend. Das erschien mit den Jahren immer offensichtlicher. In turbulentem Zusammentreffen mit progredient kostspieligeren Auflagen aus zahlreichen Bereichen und gesetzlichen Bestimmungen bzw. Anordnungen blieb die finanzielle Kollision leider nicht aus. Diese Belastungsfaktoren, die es 1982, bei Erstellung der damaligen und heute noch gültigen GOÄ noch nicht gegeben hatte, waren unter anderem:
- Qualitätsmanagement – Einführung und - Pflege
- Medizinproduktegesetz
- Massiv verschärfte Hygienerichtlinien und Hygieneüberwachung
- Erfordernis eines etablierten Hygienemanagements
- Pflicht zur Weiterbildung / Einstellung einer Hygiene-Fachkraft
- Einführung der Pflicht zum sQS postoperativer Wundinfektionen (über die KV)
- Strenge Prüf- und Dokumentationspflicht aller Sterilisationsvorgänge in Praxis und OP
- Mikrobiologische Überprüfungen durch Hygieneinstitute (Abklatschprüfungen etc.)
- Mikrobiologische Legionellen-Wassertestungen
- MedGV mit jährlichen sicherheitstechnischen Überprüfungen aller elektrischen Praxis-Gerätschaften durch eine Fachfirma, unabhängig von der Geräte-Funktionsfähigkeit.
- Schärfere Kontrollen der Gesundheitsämter mit wiederholten Praxisbegehungen
- Verschärfung arbeitsmedizinischer Anforderungen
- Verschärfung der Arbeitszeitrichtlinien mit jetziger Pflicht zur technischen Arbeitszeiterfassung
- Verschärfte Gehaltstarifverträge für Medizinische Fachangestellte, die ohnehin kaum noch zu finden sind, erst recht nicht zu Tarifgehältern (übertarifliche Gehaltserwartungen sind zwischenzeitlich fast die Regel).
- Berufsgenossenschaftliche Anforderungen an den Arbeitsplatz wurden erhöht
- Berufsgenossenschaftliche Verpflichtung eines Arbeitsmediziners für das Praxispersonal (oder adäquate Weiterbildung des Praxisinhabers auf dem arbeitsmedizinischen Gebiet).
- Einführung der Fortbildungs-Nachweispflicht (mit vermehrter Erfordernis teurer Fortbildungs-Veranstaltungen)
- Einführung und spätere Abschaffung der 10 €-Praxisgebühr mit hohem Verwaltungs- und Personalaufwand
- Einführung der Zahlungspflicht der Praxis für öffentliche Rundfunkanstalten
- Wirtschaftlicher Zwang zur Präsenz in den Sozialen Medien für zahlreiche Fachbereiche (weitgehende gesetzliche Freigabe des medizinischen Werbeverbots)
- Notgedrungene Erstellung und Wartung einer praxiseigenen Homepage, mit medienrechtlicher und juristischer (durch „Medien-Anwälte“) Absicherung der Inhalte.
- Massive Zunahme der regelmäßigen Veränderungen und Anforderungen an die Praxis-EDV durch die Krankenkassen und die KV und hierdurch ständig steigende Kosten für die Praxissoftware-Wartung (Updates)
- KV-Safenet-Einführung mit monatlichen Gebühren
- Einführung der TI Telematik-Infrastruktur, KIM etc. mit Gerätekosten und regelmäßigen Gebühren
- Nachweisliche Erfüllung der aktuellen, steigenden Geräte-Anforderungen (z.B. Ultraschallgerät mit erforderlicher, teurer Geräte-Neuanschaffung)
- DSGVO-Einführung mit rechtssicherer Umsetzung im Praxisalltag und rechtssicherer Umsetzung in der Praxis-Medienpräsenz
- Einführung des elektronischen Arztausweises eHBA
- Verschärfte Hygienevorschriften in der CORONA-Krise (teils kompensiert durch die Analogziffer 245 lt. BÄK)
- Temporäre Praxisschließung in der CORONA-Pandemie-Krise
- Wirtschaftlich erzwungene Schließung des Belegkrankenhauses mit Notwendigkeit von Neuinvestitionen, z. B. Narkosegerätschaften, zur Erhaltung des Leistungsspektrums für die Praxis
- Regelmäßige Police-Erhöhung der Berufshaftpflichtversicherung (trotz Schadenfreiheit!), auch weil die Erwartungshaltung und Klagebereitschaft der Patientenschaft deutlich zugenommen hat.
- Notwendigkeit einer Elektronik-Versicherung (vor der EDV-Ära fast nicht erforderlich gewesen)
- Notwendigkeit des regelmäßigen, kostspieligen Soft- und Hardware-Ersatzes für die Praxis, etwa alle 4-5 Jahre (vor der EDV-Ära nicht erforderlich)
- Notwendigkeit einer aufwändigen Datensicherung auf gleichzeitig mehreren Medien (vor der EDV-Ära nicht erforderlich)
- Terminservicestellengesetz TSSG
- Erzwungene Umstellung der Praxis-Telefonie von ISDN auf Voice-over-IP mit deutlichen monatlichen Zusatzkosten
- Kosten für Internet und Praxis-Netzwerk (Praxis-Internet ist heute unverzichtbar)
- Steigende Jahresbeiträge für die Berufsverbände
- Massiv gestiegene Strom- und Energiekosten (vor allem durch den Praxis-EDV-Betrieb), auch durch die allgemeine, ökologische und ökonomische Energiewende.
- Unverzichtbare Installation von Klimageräten zwecks Erhalt des Praxisbetriebes in den übermäßig heißen Sommermonaten (Stichwort „Klimaerwärmung“).
- Die allmonatliche und alljährliche Inflation
- Massiv gestiegene Heizkosten, z. B. für Gasheizung der Praxis
- Gestiegene Kosten für Treibstoffe (Benzin)
- Gestiegene Kosten für Praxismieten (Stichwort „Allgemeine Wohnungsnot“)
Auch wenn dies sicher nicht alle seit dem Jahr 2000 zusätzlich angefallenen, zusätzlich hinzugekommenen Kostenbelastungen sind, so verdeutlicht diese lange Liste doch recht klar, wie viele finanzielle und personelle Zusatzbelastungen auf ärztliche Praxen unumgehbar zugekommen sind.
Doch leider bleibt der Honorarausgleich im gesetzlichen KV-Bereich weitgehend hinter der Kostensteigerung zurück, im privatärztlichen GOÄ-Bereich vollständig.
Methodik:
Die zentrale Frage war nun, ob dieser fehlende Ausgleich wirklich derart relevant ist, dass er die Praxis-Struktur und die Eigenfinanzierung einer Arztpraxis prägend zu beeinflussen in der Lage sein könnte. Immer wieder wurde betont, seit 1982 habe es Erhöhungen der Honorarbeträge innerhalb der GOÄ gegeben. Sicher ist, dass im Rahmen der Vierten Änderungsverordnung zur GOÄ vom 18.Dezember 1995 neue Grundleistungen in das Gebührenverzeichnis aufgenommen wurden, vor allem auf dem damals neuen Gebiet der Endoskopischen Chirurgie. Eine dezente, politisch offenbar gezielt gewollte finanzielle „Unterstützung“ erfolgte durch Einführung von Zuschlägen für das ambulante Operieren.
Diesbezüglich habe ich die im Jahr 1982 erstellte und in Kraft getretene, damalige Ärztliche Gebührenordnung (3.) geprüft und die damalige Vergütungs-Höhe mit der heutigen in Beziehung gesetzt. Die zwischenzeitliche, jährliche Inflationsrate habe ich anhand der jährlichen Erhebungen des Statistischen Bundesamtes (4.) und – als gegen-vergleichende Quelle – statista.com (5.; 16) herangezogen.
Anhand von Basisziffern, z.B. der Ziffer 5 GOÄ („Symptombezogene Untersuchung“) habe ich die damalige und heutige Honorarvergütung kontrolliert. Die Bewertung dieser „Standard-Ziffer“ vor 41 Jahren mit 9,12 DM (4,66 €) lag 1982 exakt beim selben Honorar wie heute (4,66 €) und erfuhr damit keinerlei Honoraranhebung innerhalb von 41 Jahren. Weitere überprüfte „Standard-Bewertungsziffern“ für Leistungen und Operationen erfuhren exakt dieselbe Veränderung, nämlich keine (0,00 €). Damit sind immer wieder vernehmbare Aussagen über gewisse Gebührenerhöhungen innerhalb der GOÄ mit Distanz wahrzunehmen und eher kritisch zu betrachten.
Unter dieser Prämisse überprüfte ich, in wieweit diese stabil gebliebenen „Basis-Honorarziffern“ sich verändert hätten, wenn die sich von Jahr zu Jahr ständig verändernde, durch verantwortliche, offizielle Stellen gemessene Allgemeine Inflationsrate sich auf die ärztliche Gebührenordnung ausgewirkt hätte. Dies entspräche einem ähnlichen Effekt, wie er z. B. durch die regelmäßigen, gewerkschaftlichen Tarifverhandlungen in der freien Wirtschaft zu einer angemessenen Lohnangleichung der Tariflöhne an die allgemeine Inflationsrate führt. Eine solche gewerkschaftliche oder gewerkschafts-ähnliche Unterstützung des freien Arztberufes existiert nicht.
Die „Allgemeine Inflationsrate“ ist finanzwissenschaftlich definiert und folgendermaßen zu verstehen (6. nach J. Rudnicka, 16.01.2020): „Die Inflationsrate ist die Veränderung des Verbraucherpreisindex im Vergleich zum Vorjahr“. Im Jahr 2019 betrug die Inflationsrate im Vergleich zum Vorjahr 1,4 Prozent.
Die Inflationsrate errechnet sich aus dem Preisanstieg eines durch das Statistische Bundesamt definierten Produktwarenkorbs. Dieser Warenkorb enthält Produkte und Dienstleistungen, für die ein durchschnittlicher Endverbraucher in Deutschland im Jahresverlauf Geld ausgibt. Hierin enthalten sind unter anderem Ausgaben für Lebensmittel, Bekleidung, Miete, Strom, Telekommunikation, Freizeitausgaben und Rohstoffe (bspw. Benzin, Heizöl) sowie staatliche Gebühren und Steuern.
Mit dem Begriff Inflation wird die Geldentwertung (Absinken des Geldwertes) bezeichnet, welche durch ein beständiges Ansteigen des Preisniveaus für Endprodukte (Konsumgüter, Investitionsgüter) gekennzeichnet ist. Der Verbraucherpreisindex bildet die Preisentwicklung für die privaten Verbrauchsausgaben ab und zeigt bei einer Steigerung des Indexes die aktuelle Höhe der Inflation an.“ (6.)
Um die Inflationsrate, und damit den allmonatlichen und alljährlichen Preisanstieg (s.o.) auszugleichen, bedarf es einer Anhebung der ärztlichen Vergütungs-Honorare in Angleichung an diesen Preisanstieg. Ändern sich die Honorare nicht, so kommt es zwangsläufig zu deren Wertminderung. Das heißt, dass seit 1982, proportional zur Höhe der Inflationsrate, ein Preisverfall der Leistungsziffern innerhalb der Gebührenordnung für Ärzte stattgefunden hat. Das Ausmaß dieses systematischen, jährlichen Preisverfalls wurde – außer durch ungefähre Schätzungen – meines Wissens niemals nachvollziehbar allgemein zugänglich thematisiert und präzise errechnet.
Daher übernahm ich aus den bekannten Statistiken die jährlichen, allgemeinen Inflationsraten von 1982 bis Juli 2023 und verfuhr in der Weise, dass ich den Geldwert entsprechend der Inflationsrate auf den jeweiligen Jahreswert addierte und damit die auf die untersuchte GOÄ-Gebührenziffer entfallende, erhöhte Honorargebühr in das folgende Jahr übernahm, in dem sie erneut der aktuellen Inflationsrate ausgesetzt war, die wieder prozentual auf den neueren Gebührenwert aufaddiert wurde. So verfuhr ich mit DM-Beträgen bis 2001, dem Jahr der Währungsunion, um die errechneten Beträge auf dieselbe Art und Weise, exakt umgerechnet mit dem vorgegebenen Faktor 1,95583, in Euro-Beträgen weiterzuführen bis 2023 (siehe Tabelle 1).
Im März 2023 hat die Bundesärztekammer ein „Merkblatt / Hinweisblatt der Bundesärztekammer zu abweichenden Honorarvereinbarungen sowie zur Anwendung höherer Steigerungsfaktoren auf Grundlage der Gebührenordnung für Ärzte“ herausgegeben und der Ärzteschaft zur Verfügung gestellt (19). Im gleichen Zug veröffentlichte die Bundesärztekammer ein Hinweisblatt mit „Informationen für privatversicherte und selbstzahlende Patientinnen und Patienten“ unter dem Leittitel „Zeitgemäße Behandlung – überalterte Gebührenordnung“ (18). Es handelt sich hierbei um einen langerwarteten, lobenswerten Versuch der Bundesärztekammer, privat versicherte Patienten auf dringend notwendige, höhere Steigerungsfaktoren vorzubereiten. Im gleichen Zug werden der Ärzteschaft Empfehlungen für eine korrekte Honorarvereinbarung sowie Empfehlungen für die Anwendung höherer Steigerungssätze, auch in ebendiesen Honorarvereinbarungen, an die Hand gegeben. Hier wird ein maximaler Steigerungssatz von 7-fach als Verdoppelung des bisherigen, regulären Höchstsatzes vorgeschlagen. „Die Vervielfachung des Gebührensatzes sollte jedoch nicht zu einem auffälligen / unangemessenen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung führen (möglicher Verstoß gegen das ärztliche Berufsrecht sowie Wucher oder wucherähnliches Rechtsgeschäft i.S.v. § 138 BGB, § 12 Abs. 1 MBO-Ä), welches bei Überschreiten einer Verdoppelung des regulären Höchstsatzes (über den 7-fachen Gebührensatz hinaus) denkbar wäre“.
In dieser Studie soll anhand der alleinigen Inflations-Bereinigung der GOÄ überprüft werden, welcher tatsächliche Steigerungssatz heute notwendig wäre, um die GOÄ-Faktoren „1,8-fach“, „2,3-fach“ und „3,5-fach“ auf den damaligen, regulären und allgemeinen Honorarstand zu bringen. Da der damalige, ärztliche Vergütungsstand nach GOÄ allgemein anerkannt war und keinerlei Vorwürfen wie „Wucher“ oder „wucherähnliches Rechtsgeschäft“ ausgesetzt war, müsste folgerichtig auch der errechnete, inflationsbereinigte Steigerungsfaktor allgemein akzeptabel und anerkannt sein dürfen.
Ergebnisse:
Zwischen 1982 und Juli 2023 lag die Inflationsrate, mit einer einzigen Negativ-Ausnahme um -0,1% im Jahr 1986, immer im positiven Bereich, also im Bereich der Geldentwertung. (4., 5., 6., 9.) Der prozentuale Entwertungsfaktor schwankte ansonsten zwischen +0,2% (1987), +5,2% (1982) und +7,9% (2022).
Auf die repräsentative Berechnung der GOÄ-Ziffer 5 (9,12 DM / 4,66 €) bezogen, entspräche der Wert dieser Ziffer im Jahr 2000 einem Geldbetrag von 14,00 DM bzw. 7,16 €. Im Jahr 2019 wäre hierfür ein inflations-bereinigter Wert von 9,46 € (18,50 DM) erreicht im Jahr 2023 ein Wert von 10,92 € zzgl. Inflationsrate von 6,2 % (+ 0,68 €) = 11,60 € x 1,95583 = 22,69 DM.
Der inflations-ausgeglichene Wertanstieg der GOÄ-Ziffer 5 von 4,66 € (1982 bis 2023) auf 11,60 € (2023) entspräche damit einem Wertanstieg um 248,79 %. Im CORONA-Jahr 2020/2021 stiegen die Verbraucherpreise, nach anfänglicher, durch die zwischenzeitliche Mehrwertsteuererhöhung geförderter Stabilisierung, vom Juli 2020 bis Juli 2021 um einen Inflationswert von 3,8% (9.), im Jahr 2022, in Folge des Ukraine-Krieges um 7,9% (16.) das entspräche einem weiteren, inflations-bereinigten Wertanstieg seit 1982 um 248,79 %.
Damit wären sämtliche Ziffern der GOÄ 1982 im Jahr 2020/2021 mehr als doppelt so viel wert, im Jahr 2023 2,5-mal soviel, oder im Umkehrschluss, ist der GOÄ-Wert ärztlicher Leistung auf deutlich weniger als die Hälfte des früheren Wertes abgefallen und nähert sich einem Drittel!
Das heißt, dass jeder heute über die GOÄ abrechnende Arzt für exakt dieselbe GOÄ-Ziffer zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur deutlich weniger als die Hälfte des früheren Geldwertes bei Manifestierung der GOÄ 1982 erhält / verdient.
Das heißt ebenfalls, dass die ärztliche Leistung im Jahr 2022 / 2023 deutlich weniger als die Hälfte der Leistung des Jahres 1982 wert war und weiterhin ist. Diese Berechnung schließt sämtliche zusätzlich eingeführten, kostenintensiven Verpflichtungen, Verordnungen und Auflagen ausdrücklich nicht mit ein.
Dieser Wertverfall ist rein rechnerisch auf die GOÄ-Ziffern bezogen. Doch muss auch postuliert werden, dass es sowohl bezifferbare als auch nur schwerlich definierbare, jedoch sehr relevante finanzielle Zusatz-Belastungen der niedergelassenen Ärzteschaft ebenso wie der Krankenhäuser gibt, die bei der Abschätzung eines ärztlichen Honorarverfalls nicht übersehen werden dürfen:
Dies ist, neben den oben genannten, zusätzlichen Belastungsfaktoren (siehe Liste der 44 Belastungsfaktoren) zu ganz wesentlichem Anteil der Kostenpunkt „Personalkosten“. Denn die frühere Arzthelferin und heutige Medizinische Fachangestellte wird – völlig zurecht - gewerkschaftlich unterstützt, woraus sich regelmäßig neue, angepasste Tarifverträge für medizinische Fachangestellte ergeben, die über die Jahre miteinander verglichen werden können und einen relevanten Mehrkosten-Belastungsfaktor darstellen, wie Tabelle 2 verdeutlicht:
Tabelle 2
Gehaltstarifverträge für Arzthelferinnen (AH) / Medizinische Fachangestellte (MFA)
Gehaltstabellen für vollbeschäftigte AH / MFA
Aus dem Deutschen Ärzteblatt, Heft 31 vom 06. Aug. 1982, 79. Jahrgang, Ausgabe B, Seite 32 (7) und
AAA (Arbeitsgemeinschaft zur Regelung der Arbeitsbedingungen der Arzthelferinnen und Medizinischen Fachangestellten) sowie der Bundesärztekammer (8.; 17).
Tarifgehalt ab 01.01.2023 (Vollzeit) | Lohnanstieg% | ||
Berufjahre | Tarifgehalt 1982 | Mittlere Tätigkeitsgruppe (Gruppe III von VI | prozentual |
1. | 1.508 DM o. 771,03 € | ||
2. | 1.560 DM o. 797,62 € | 5.272,96 DM o. 2.696,02 € | +338,01 % |
3. | 1.611 DM o. 823,69 € | ||
4. | 1.663 DM o. 850,28 € | ||
5. | 1.714 DM o. 876,35 € | ||
6. | 1.765 DM o. 902,43 € | ||
7. | 1.816 DM o. 928,51 € | ||
8. | 1.867 DM o. 954,58 € | ||
9. | 1.894 DM o. 968,39 € | 5.608,36 DM o. 2.867,51 € | + 296,11 % |
10. | 1.920 DM o. 981,68 € | ||
15. | 2.055 DM o. 1.050,71 € | 5.766,73 DM o. 2.948,48 € | + 280,62 % |
20. | 2.189 DM o. 1.119,22 € | 6.379,80 DM o. 3.261,94 € | + 291,45 % |
Die vergleichende Tarifgehalts-Tabelle zeigt deutlich, dass die Gehälter für Medizinische Fachangestellte (im mittleren Qualifikationsbereich!) in allen Berufs-Altersgruppen um durchschnittlich etwa 300 % angestiegen, obwohl die GOÄ-Honorareinnahmen der Ärzte - inflationsbereinigt - im gleichen Zeitraum auf mehr als die Hälfte abgefallen sind.
Die Vorschläge der Bundesärztekammer zum maximal 7-fachen (doppelten, bisher maximalen) Steigerungsfaktor wurden anhand der zwischenzeitlichen Inflationsrate überprüft und berechnet:
GOÄ-Ziffer 5
1982 (1-facher Satz) 9,12 DM : 1,95583 (Umrechnungsfaktor in €) = 4,66 €
2023 (1-facher Satz) 0,0912 (1%) x 248,79 (Gesamt-Inflationsrate) = 22,69 DM
22,69 DM : 9,12 DM = 2,49 (errechneter Steigerungsfaktor)
2023 (1,8-facher Satz) 16,42 DM : 1,95583 (Umrechnungsfaktor in €) = 8,40 €
16,42 DM 0,1642 (1%) x 248,79 (Gesamt-Inflationsrate) = 40,85 DM
40,85 DM : 9,12 DM = 4,48 (errechneter Steigerungsfaktor)
2023 (2,3-facher Satz) 20,98 DM : 1,95583 (Umrechnungsfaktor in €) = 10,73 €
20,98 DM 0,2098 (1%) x 248,79 (Gesamt-Inflationsrate) = 52,20 DM
52,20 DM : 9,12 DM = 5,72 (errechneter Steigerungsfaktor)
2023 (3,5-facher Satz) 31,92 DM : 1,95583 (Umrechnungsfaktor in €) = 16,32 €
31,92 DM 0,3192 (1%) x 248,79 (Gesamt-Inflationsrate) = 79,41 DM
79,41 DM : 9,12 DM = 8,71 (errechneter Steigerungsfaktor)
Die prozentuale Inflation von 1982 bis 2023 wurde errechnet auf 248,79 %.
Errechnet man die entsprechende, inflations-bereinigte Steigerung des GO-Betrags für Ziffer 5, dann erhält man im 1-fachen Satz eine Summe, die durch den 1-fachen Grundbetrag der Ziffer 5 geteilt bereits einen Steigerungsfaktor von 2,49. Damit liegt – inflationsbereinigt – der heutige 1-fache GO-Wert noch über dem damaligen „Basis-Steigerungssatz“ von 2,3.
Die Berechnung für den 1,8-fachen Satz liegt – inflationsbereinigt - bei einem Steigerungsfaktor von 4,48, also deutlich über dem damaligen Steigerungs-Höchstsatz von 3,5.
Die Berechnung für den 2,3-fachen Satz liegt – inflationsbereinigt - bei einem Steigerungsfaktor von 5,72.
Die Berechnung für den 3,5-fachen Satz liegt – inflationsbereinigt - bei einem Steigerungsfaktor von 8,71, also um 1,71 Punkte über dem von der Bundesärztekammer empfohlenen Höchstsatz von 7-fach.
Alle hier errechneten Werte beziehen sich ausschließlich auf die prozentuale Gesamt-Inflation zwischen 1982 und 07/2003. Sie schließen keinerlei zwischenzeitlich hinzugekommene finanzielle Zusatz-Belastungen des Honorarempfängers ein.
Diskussion:
Die Überprüfung der Entwicklung der Arzt-Honorareinnahmen im Zeitraum von 1982 (der Erstellung der heutigen GOÄ, die nur in geringen Anteilen „angepasst“ und verändert wurde), erbrachte – rein rechnerisch – bis 2023 einen inflationsbereinigten Honorarverfall auf deutlich mehr als die Hälfte. Im gleichen Zeitraum stiegen die Gehälter für Medizinische Fachangestellte um durchschnittlich etwa 300 % in allen Berufs-Altersgruppen. Da MFA für jede Arztpraxis unverzichtbare Fachkräfte darstellen, also diese deutlich angestiegenen Tarifgehälter seitens der Arbeitgeber auch „gestemmt“ werden müssen, klafft alleine von daher eine große und relevante Finanzierungslücke für alle Arztpraxen.
Ungeachtet dessen wurden, in den allermeisten Fällen seit etwa dem Jahr 2000, ausgedehnte, zwingend zu erfüllende Zusatzbelastungen von diversen Stellen geschaffen und initiiert, die – mit bester Intention - in den allermeisten Fällen der Patienten- und Personalsicherheit dienen sollen, jedoch ganz erhebliche, zusätzliche finanzielle und personelle Belastungen für ausnahmslos jede Arztpraxis darstellen. Die so erzwungenen Beauftragungen externer Fachkräfte und Firmen (Gerätewartung, Gerätevalidierung, sicherheitstechnische MedGV-Überprüfungen etc.) und Bindung von hoch bezahlten Personal-Ressourcen im internen Bereich (Qualitätsmanagement, Hygienefachkraft etc.) führen regelmäßig zu einer weiteren, drastischen Kostenbelastung jedes Praxis-Budgets.
Die beschriebenen Belastungen behindern relevant die Generierung von Rücklagen und Modernisierung von Arztpraxen, wie auch die Bereitstellung von Personal für weiterbildende Maßnahmen.
Um die zunehmende Kostenbelastung aufzufangen, müssen folgerichtig zusätzliche Einnahmen generiert werden, was durchaus bei den meisten Ärzten einen „Ideenreichtum“ in Gang setzt, als eine Art „wirtschaftliche Überlebens-Strategie“. Die einfachsten Maßnahmen in dieser Richtung sind die Bereitstellungen von IGeL-Leistungen, ob sie nun medizinisch notwendig sind oder nicht, die zunehmende Verlagerung auf ästhetische Behandlungen und Operationen (Botulinum- und Hyaluronsäure-Faltenbehandlungen bei Haus- und Fachärzten, Dermatologen, Oberlidstraffungen und Laserbehandlungen bei Augenärzten, „Schönheitsoperationen“ bei Allgemeinchirurgen, „Bauchstraffungen und Brustvergrößerungen“ bei Gynäkologen). Das so verfahrende Kollegium sei dafür ausdrücklich nicht kritisiert. Denn man wendet „Überlebens-Strategien“ an.
Versorgungs-medizinisch betrachtet bewirken alle solche Zusatz-Verdienstmaßnahmen für Überlebens-Strategien zu den Zeiten der Applikation eine Abwendung vom dringend notwendigen, ärztlich-medizinischen Versorgungsauftrag für die Allgemeinbevölkerung der Bundesrepublik. Sowohl real als auch statistisch betrachtet, reduziert sich damit die verfügbare Zeit an medizinisch indizierten Arzt-Patienten-Kontaktstunden oft dramatisch zu Ungunsten der behandlungsbedürftigen Patienten. Besonders deutlich wird dies z.B. auf dem dermatologischen Sektor: Immer mehr dermatologische Praxen bieten „Ästhetik-Sprechstunden“ bis hin zu ganzen „Kosmetik-Instituten“ an, entfernen sich mehr und mehr von ihrem Kern-Fachgebiet, während zur gleichen Zeit gesetzlich versicherte Patienten bis zu einem Jahr, oft sogar länger, auf einen Facharzt-Termin beim Dermatologen warten müssen. Auch mit dringlichem, medizinischem Behandlungsbedürfnis. Der Grund für die Eirichtung von Termin-Service-Stellen.
Auch die oft drastische Erhöhung der Patienten-Behandlungsfrequenz, d. h. Verkürzung der individuellen Behandlungszeiten je Patient, sichert bei bestehender Pauschalen-Vergütung durch den EBM und auch beim Privatpatienten unter Ansatz der von Privatversicherern nachdrücklich geforderten Einhaltung des 2,3-fachen Steigerungsfaktors auch auf diesem Weg das finanzielle Überleben der heutigen Arztpraxis. Zumindest noch bis jetzt. Doch Behandlungs-Frequenzen lassen sich nicht beliebig steigern. Erhöhte Behandlungs-Frequenzen steigern naturgemäß die Quote an Behandlungsfehlern.
Die Reaktion des Bundesgesundheitsministeriums: Terminservicestellen! Ursache und Wirkung komplett missverstanden! Die Einführung der Terminservicestellen löst das Grundproblem des (Fach-) Arztmangels nicht, sie vertuscht es für einen gewissen, übersehbaren Zeitraum. Selbstverständlich erfolgt dies im ureigensten Interesse des Staates, der als Träger der größten privaten Krankenversicherung, der Beihilfe, intensiv daran interessiert ist, ärztliche Vergütungshonorare auf geringstmöglichem Niveau zu halten und zu verteidigen (13., 14.). Ungeachtet dessen genehmigen sich die Angehörigen des Bundestages, die über die Anpassung oder Nichtanpassung der Arzthonorare gesetzlich zu entscheiden haben, mit bewährter Regelmäßigkeit eine angepasste Erhöhung der Parlamentarier-Bezüge und Spesenvergütungen. Ist dies gerecht?
Man mag Ärzte dafür kritisieren, dass sie einen gewissen Lebensstandard anstreben. Doch wer würde einen der schwierigsten und langwierigsten Studiengänge durchstehen, sei es auch aus reinem Enthusiasmus, mit langjähriger und oft sehr beschwerlicher und nervenaufreibender Facharzt-Weiterbildung nach dem Studium, gesundheitsbeschädigenden Nacht-Bereitschaftsdiensten in Weiterbildungs-Krankenhäusern, ständiger, interessierter Weiterbildungs-Bereitschaft, der nicht am Ende erwarten könnte, nach Eröffnung seiner / ihrer Praxis und meist erheblicher Schuldenbelastung in 6- und 7-stelliger Kredithöhe und bei voller, hoher Verantwortung für Leib und Leben der behandelten Patienten, einen gewissen, sicheren und in Maßen gehobenen Lebensstandard für sich und die eigene Familie erreichen zu können? Ist die Politik wirklich derart naiv zu glauben, dass man mit immer geringerer, anti-inflationärer Honorierung die in sehr naher Zukunft zu erwartende, drastische ärztliche Mangelsituation wird kompensieren können? Ganz sicher nicht. Denn all die klugen Köpfe, die gute Ärzte hätten werden können, werden ihre Energie in Berufsausbildungen investieren, die die erwarteten Lebensstandards bieten können, meist sogar mit deutlich weniger Energie- und Lebenszeit-Aufwand. Schlechte Honorierung spricht sich schnell herum. Eine „Work-Life-Balance“, heutige Mode-Grundeinstellung jüngerer Generationen, ist auf diese Weise nicht gegeben.
Und wer schon den „Fehler“ gemacht hat, sich zum Arzt ausbilden zu lassen, findet immer öfter eine gut dotierte Stelle in der Industrie oder, auch eine gute Lösung, als Showmaster in den Medien, wie Kollege Eckart von Hirschhausen uns dies bewundernswert vorgelebt hat.
Ein ganz, ganz wichtiger Aspekt fällt für die „modernen Arztberufs-Verweigerer“ weg: Das regelmäßige, sehr zeitaufwändige und kräftezehrende Streiten mit Privaten Krankenversicherern um fast jede einzelne angesetzte Gebührenordnungs-Position und Steigerungssätze! Hier gibt sich die Politik offenbar nicht die geringste Mühe, trotz eklatanten Ärztemangels, die Streitpositionen wenigstens ansatzweise zu nivellieren. Sie „delegiert“ an Bundesärztekammer und Privatversicherer, wobei regelmäßig die ärztlichen Vertreter vor wirtschaftlichen Anpassungen im Sinne der Ärzteschaft „einknicken“. Der letzte Stand der Verhandlungen belief sich laut Insidern auf eine Begrenzung von 6,5% „in den ersten 3 Jahren“ (14.). Gegenüber einem Wertverlust ärztlicher Leistungen um knapp als 250%. Kann dies wirtschaftlich angenommen werden?
Man könnte argumentieren, dass die Versicherungswirtschaft (und der Staat bei der Beihilfe) über inzwischen knapp 4 Jahrzehnte geringere Ausgaben gehabt hatte, immens geringere Ausgaben für ärztliche Leistungen. In dieser Zeit hätten – in prospektiver Erwartung einer späteren Anhebung ärztlicher Honorarvergütungen – zwingend entsprechende Rücklagen gebildet werden müssen. Doch offensichtlich geschah dies nicht. Statt dessen flossen eingesparte Gelder in immenser Milliardenhöhe in undefinierbare und nicht mehr rückholbare Kanäle, aus denen offensichtlich keine adäquaten Honorarerhöhungen für die Ärzteschaft zu erwarten sind. Man verteidigt diese Position zumindest intensiv (13., 14.).
Keine adäquate Vergütung, reduzierte (frustrierte) ärztliche Leistung, Aufgabe des Berufes. Eklatanter Ärztemangel. Massenhafte Übernahme aufgegebener Arztpraxen durch Investoren. Momentan wird der Pflegekräfte-Mangel intensiv politisch beklagt, die Unterstützung der Pflegekräfte politisch gefordert. Zurecht. Gleiches ist zeitnah mit der ärztlichen Versorgung zu erwarten. Momentan übernehmen Ärzte in Kliniken und Privatpraxen nicht selten pflegerische Leistungen, kompensieren. Ist dies in umgekehrter Reihenfolge in Zukunft auch von den Pflegekräften zu erwarten? Wird dies juristisch vertretbar sein?
Wird die Politik dann schreien und schimpfen, dass – „ganz plötzlich und unerwartet“ – keine Ärzte mehr da sind? Das wäre sehr naiv und äußerst kurzsichtig.
Die im Hintergrund durch die eingesetzten Kommissionen, d.h. die „Gemeinsame Gebührenordnungskommission“ (GEKO) weiter entwickelte GOÄ, die eine Gesamt-Anhebung der Gebührenordnungs-Sätze um maximal 6,4 % als Einnahmen-Ausgleich für die ausgebliebenen Honoraranhebungen der letzten 41 Jahre beschlossen habe, mit einer maximalen Steigerungsrate innerhalb eines Korridors von 0,6 % für die kommenden 3 Jahre (14., 15.), ist – nach Informationen, die aus der Kommissionsarbeit an die Fachpresse durchsickern - erneut nicht an die jährliche Inflationsrate gekoppelt, d.h. sie wird zu weiteren Einkommensverlusten der Ärzteschaft führen, also einer Fortsetzung des „Wirtschaftlichen Desasters“ der Ärzteschaft. Schlimmer noch: Es werden neben einer Art „Robustem (betoniertem) Grundwert“ für Einzel-Leistungen nur noch in besonders begründeten Fällen Steigerungen von maximal 2-fach zugelassen, eine fremdbestimmte „Ärztliche Zwangsjacke“ innerhalb der GOÄ- Vergütung. Nicht zu vergleichen mit z.B. der StBVV der Steuerberater, die noch über den 20-fachen Satz der Grundleistung bedenkenlos steigern dürfen, und auch noch in regelmäßigen Zeitabständen über ihren Verband eine Anpassung ihrer Gebührenordnung erhalten.
Großes zusätzliches Manko der neuen, in Arbeit befindlichen GOÄ wird ein zu erwartender, durch die Gebührenordnung festgelegter „Verzicht auf Behandlungsqualität“ sein. Statt dessen werde es Pauschalen für jeden Eingriff geben, also eine für alle Ärzte pauschal festgelegte Einnahmen-Situation, völlig losgelöst von den operativen Umständen. So wird nach den bisherigen Angaben eine Operation im sog. „preisgünstigen Eingriffsraum“ identisch bewertet werden wie eine gleichartige Operation im technisch und ökonomisch sehr viel aufwändigeren, daher auch z.B. bezüglich des intraoperativen Hygienegeschehens viel sichereren „Hochsteril-OP“ mit Laminar Air-Flow und strengen hygienischen Überwachungen. Ein Operateur, der sich die Zeit für eine optimale Gewebeschonung und eine exakte Blutstillung nimmt und dadurch erheblich weniger postoperative Schmerzen und Komplikationen aufweisen wird, soll über die neue GOÄ nicht höher abrechnen können, als ein Operateur, der „in Eile“ und wenig gewebeschonend „blutreich“ operiert und von daher viel mehr postoperative Komplikationen zu erwarten hat. Vielmehr sollen „Revisions-Eingriffe“ noch besonders vergütet werden, quasi ein gebührenrechtlicher Aufruf zu nachlässigem Operieren (15.).
Es wird in der neuen GOÄ voraussichtlich also keine betriebswirtschaftlichen Kostenkalkulationen für Ärzte geben, die besonders an Qualitätsleistungen für ihre Patienten interessiert sind, sondern alle Operationsformen eines Typs sollen „über einen Kamm geschert“, also gleich vergütet werden. Dort, wo ein Praxis- bzw. OP-Inhaber seine betriebswirtschaftliche Kostenkalkulation über den Material- und Personalverbrauch sowie die – alles entscheidende – Schnitt-Naht-Zeit kalkulieren muss (im Falle des Autors für den Hochsteril-OP 1.000 – 1.300 €/Stunde, was sämtliche postoperativen Vorbereitungen und Nachbehandlungen beinhaltet) um existieren zu können, werden solche wirtschaftlichen Aspekte von der GEKO offensichtlich komplett ignoriert werden, ebenso wie die Berücksichtigung der jährlichen Inflationsrate.
Erinnern wir uns: Zur Einführung der „aktuellen“ Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) im Jahr 1982 wurde in der Bundesärzteordnung (BÄO) juristisch festgelegt, dass die Bundesregierung „dabei … den berechtigten Interessen der Ärzte und der zur Zahlung der Entgelte Verpflichteten Rechnung zu tragen“ habe. (2.)
Nichts, gar nichts davon ist passiert. Im Gegenteil. Die Bundesregierung hat in den letzten 41 Jahren eklatant gegen das von ihr selbst postulierte, festgeschriebene und in Bundestag und Bundesrat verabschiedete Recht und Gesetz verstoßen. Doch welcher Richter sollte hier Recht sprechen? Und wo waren die gewählten Vertreter der Ärzteschaft, die Bundesärztekammer, wenn es um die dringend notwendigen Honoraranpassungen ging? Hätte sie nicht die „berechtigten Interessen der Ärzteschaft“ justiziabel erstreiten müssen? Gegen den Erlasser eben dieses Gesetzes, die Bundesregierung? Haben die Vertreter der Ärzteschaft versagt? Alles spricht dafür, dass dieses Versagen bei der Annahme einer neuen Privaten Gebührenordnung noch eklatanter werden wird.
Statt dessen haben Private Krankenversicherungen mit jährlichen Beitragserhöhungen bis zu 14,5 % pro Jahr (ALLIANZ PKV, Policen-Verteuerung in 3 Stufen im Jahr 2020) ihre Versicherungsbeiträge drastisch erhöht und unterhalten gleichzeitig, obwohl der Solidargemeinschaft ihrer Krankenversicherten verpflichtet, Aktiengesellschaften, die regelmäßig die eingezogenen Versicherten-Beiträge an Aktionäre als Renditen ausschütten. Und zur selben Zeit „aus Kostengründen“ jegliche Honorar-Anpassung für die medizinischen Leistungserbringer -die Ärzte – vehement lobbyistisch bekämpfen und konterkarieren?
Kann es denn erlaubt sein, dass solidar-verpflichtete Krankenversicherungen sich an den Börsen als Aktiengesellschaften etablieren?! Was sagt der Gesetzgeber dazu?!
Wer sollte hiergegen noch Einwände erheben, wenn sogar unsere Ärztevertreter und GOÄ-Verhandlungsführer teils in den Vorstandsetagen dieser Privaten Versicherungsgesellschaften agieren? Stillschweigend und „tolerant“?
Wir Ärzte sind ja gerne der selbstgerechten Ansicht, alles richtig zu machen, oder zumindest alles richtig machen zu wollen. Doch schauen wir einmal nach, was z.B. der Berufsverband der Steuerberater in Deutschland für seine Verbandsmitglieder an Lobbyarbeit leistet und was uns Ärzte alle betrifft, die ihre jährliche Einkommenssteuererklärung von einem Steuerbüro erstellen lassen (wahrscheinlich die allermeisten von uns): Noch im Jahr 2011 betrug der über den Verband empfohlene, stündliche Vergütungssatz für eine Steuerfachgehilfin (ein Lehrberuf, kein Studium!) nach §34 Abs. 2 StBVV und §13 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 StBVV bundesweit gültig 65,00 €, zzgl. MwSt. Im Jahr 2016 betrug derselbe Vergütungssatz 75,00 € zzgl. MwSt. und ab 2017 war er auf 85,00 € zzgl.MwSt. angehoben worden (13. + eigene Steuerberater-Rechnungen). Inzwischen (2023) liegt er bei 95,00 €. Als zusätzliches Steuerinstrument für die Rechnungsstellung gibt es für die Steuerberatung den Steigerungsfaktor nach §33 Abs. 1 StBVV, z.B. 4,75/10 oder 5,0/10, 8/10, in einer eigenen EkSt.-Rechnungs-Position 21,50/10 oder mehr. Hier sind Steigerungen offenbar kaum Grenzen gesetzt. Warum jedoch derart strikt bei Ärzten? Der banale Vergütungssatz für die Leistung einer – durchaus geschätzten – Steuerfachgehilfin war also zwischen 2011 und 2017 um ganze 30,8% angestiegen, die Steigerungs-Sätze des Steuerberaters noch mehr. Die ärztliche Vergütung nach GOÄ blieb in diesem Zeitraum weiterhin unverändert.
Die Bundesregierung hatte eine Wissenschaftliche Kommission unter Vorsitz des Gesundheitsökonomen Prof. Dr. rer. nat. Wolfgang Greiner von der Universität Bielefeld eingesetzt, um die Sinnhaftigkeit einer Bürgerversicherung, eine sozialdemokratische Forderung, zu erarbeiten. Diese wissenschaftliche Kommission sprach sich aus ökonomischen und politischen Gründen konsequent gegen eine solche Bürgerversicherung mit einheitlicher Gebührenordnung und für das duale Krankenversicherungs-System aus, weil hierdurch die ärztlichen Honorare noch deutlicher sinken würden (10.). Dies zu vermeiden, würde eine zusätzliche Kostenbelastung von geschätzt 7 Milliarden Euro bedeuten.
Bemängelt hat die Wissenschaftliche Kommission, dass die GOÄ im aktuellen Stand „ein reines Leistungsverzeichnis ohne weitere Vorgaben“, z.B. für berufliche Qualifikationen oder technische Ausstattung von Arztpraxen sei. Man schlägt daher vor, „einheitliche Mindeststandards“ zu definieren. Eine weitere, für die Leistungserbringer (Ärzte) kostspielige Qualitätsanforderung, die zwar die gewollte Konkurrenz und den innerärztlichen Wettbewerb fördern könnte, jedoch für die erneut kein finanzieller Ausgleich vorgeschlagen wird.
Besonders bemerkenswert ist, dass sich diese Kommission im Wesentlichen auf das gesellschaftspolitisch-ökonomische und betriebswirtschaftliche Problem der Gesamtfinanzierung des Gesundheitswesens durch Krankenkassen und den Staat konzentriert, die niedergelassene Ärzteschaft erlebt dabei erneut eine stiefmütterliche Rolle.
Immerhin betonte Prof. Greiner im Interview, dass die letzte große Reform der GOÄ vor fast 40 Jahren stattgehabt habe, sei „einfach inakzeptabel“ (10.).
Sogleich bekräftigte der GKV-Spitzenverband, dass Mehrausgaben der Kassen für mögliche Honorarangleichungen nicht zu rechtfertigen seien, denn, so deren Sprecher Florian Lanz, bereits heute würden die niedergelassenen Ärzte „angemessen für ihre Arbeit honoriert“ (10.).
Bemerkenswert ist an dieser Stelle die Empfehlung der Bundesärztekammer (BÄK) zum maximalen Steigerungssatz ihrer „gelockerten Einstellung zu den Steigerungsfaktoren“. Die BÄK empfiehlt den 7-fachen Satz als maximalen Steigerungssatz, den sie als mit dem ärztlichen Berufsrecht als „vertretbar“ bezeichnet. Darüber hinausgehende Steigerungssätze stellt sie unter die Dunstglocke eines „wucherähnlichen Rechtsgeschäfts“.
Dabei erklärt die BÄK mit keinem Wort, weshalb sie sich ausgerechnet auf den 7-fachen Satz beruft. Es werden keinerlei ökonomische Entscheidungsgründe hierfür vorgelegt.
Dies ist verwunderlich, denn alleine der damalige Steigerungs-Höchstsatz von 3,5-fach landet unter Kalkulation der zwischenzeitlichen Gesamt-Inflation - und inflationsbereinigt - bereits beim 8,71-fachen Steigerungsfaktor, also deutlich über den Empfehlungen der BÄK, sogar ohne Einbeziehung aller anderen, kostenbelastenden Faktoren.
Heißt das im Umkehrschluss, dass man damals, 1982, als abrechnender Arzt bei jedem Ansetzen des 3,5-fachen Steigerungsfaktors ein „wucherähnliches Rechtsgeschäft“ betrieben haben sollte? Sicher nicht. Diese Honorarsätze waren ja von allen Parteien offiziell anerkannt. Es scheint eher wahrscheinlich, dass selbst der Bundesärztekammer das Ausmaß des wirtschaftlichen Verfalls, wie hier errechnet und nachgewiesen, nicht in vollem Umfang, und erst recht nicht in harten Zahlen, bekannt ist. Es scheint vielmehr wahrscheinlich, dass man „der Einfachheit halber“ oder „Pi mal Daumen“ den doppelten Wert des 3,5-fachen Satzes angenommen hat, mit der intuitiven Begründung: „Wird schon stimmen“.
Doch 1,71 Punkte Verlust sind Geld wert bzw. wirtschaftlicher Verlust. Sie können sogar im Rahmen richterlicher Entscheidungen bezüglich einer ärztlichen Honorarrechnung zu falschen juristischen Beschlüssen zulasten des Arztes führen. Und dementsprechend zugunsten der Privaten Krankenkasse.
Hier sollte – aus Sicht des Autors – von der Bundesärztekammer, der Vertretung aller deutschen Ärzte, verlangt werden können, dass sie ihre Entscheidungen auf nachvollziehbare Zahlen und Berechnungen begründet, und somit auch ihre Mitglieder gerecht unterstützt.
Angesichts der Tatsache, dass die Bundesregierung über derart viele Jahrzehnte ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur zeitgemäßen Anpassung der Arztvergütung nach GOÄ nicht nachgekommen ist und damit gegen das von ihr selbst eingeführte Gesetz verstoßen hat, wäre es nach Ansicht des Autors eine Selbstverständlichkeit gewesen, dass die ärztlichen Berufs- und Interessenverbände, allen voran die Bundesärztekammer, die Bundesregierung hätten juristisch in die Verantwortung nehmen müssen, und zwar in dreierlei Hinsicht:
- Banale Anpassung der GOÄ-Vergütungssätze an die allgemeine, jährliche Inflationsrate (wie hier erwähnt) ohne Verknüpfung mit weiteren Konditionen, um als Kompensation zu dem gewerkschaftlich gesicherten Streikrecht anderer Berufsgruppen, das dem „Freien Arztberuf“ rechtlich nicht zusteht, eine zeitgerechte Honoraranpassung zu schaffen.
- Anpassung der GOÄ-Vergütungssätze an zeitgerecht gestiegene Anforderungen an die Qualität der medizinischen Ausbildung und ärztlichen Versorgung, gestiegene Anforderungen an medizinische Geräte, Gerätesicherheit und Geräteprüfungen, Hygiene sowie aufwändige Dokumentations-Anforderungen. Es darf keine Forderung nach vermehrt kostenaufwändigen Prozeduren „zum Nulltarif“ geben.
- Anpassung der GOÄ an den zeitgerechten, sich kontinuierlich ändernden Stand der medizinischen Wissenschaft und der ärztlichen Behandlungs-, Diagnostik- und Operationstechniken, z.B. in Anlehnung an regelmäßig neu aufgelegte und dem aktuellen medizinischen Wissensstand angepasste Lexika, wie beispielsweise den „Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch“, neutrale fachärztliche Gremien, ebenso den OPS-Schlüssel.
Wenn hier die Politik nicht bald und schnell reagiert, werden alle diejenigen, älteren Ärzte aus den Babyboom-Jahrgängen, die damals sogenannte „Ärzteschwemme“ der 80er Jahre, zu der der Autor dieser Studie ebenfalls gehört, in ihren wohlverdienten Ruhestand abwandern, weil sich das Arbeiten mit höchster Verantwortung und geringstmöglicher Vergütung für ihnen anvertraute Menschenleben finanziell nicht mehr lohnt.
Die deutsche Medizin befindet sich bereits auf dem maximalen Stand der Einsparungen, kämpft mit der Industrie um minimalste („wirtschaftliche“) Materialpreise, erhält dementsprechend Waren auf billigstem Qualitätsniveau, angefangen bei Sterilhandschuhen, weiter bei Medikamenten, sogar beim Abdeckpapier der Untersuchungsliegen, das – trotz großer Anstrengungen – von der Industrie nicht mehr in einem besseren Qualitätsstandard erhältlich ist. Es zerreißt beim ersten Patientenkontakt sofort und verliert damit seine abdeckende und keimabweisende Funktion unverzüglich. Ein „materielles Alibi“, wie so viele Billigprodukte der heutigen Medizin in Deutschland. Jetzt fehlt es auch noch eklatant an simplen Basis-Medikamenten, weil kein Hersteller mehr bereit ist, diese zu den maximal ökonomisch restriktiven Bedingungen der Kostenträger herzustellen, oder weil solche „Billig-Herstellung“ auch wirtschaftlich nicht mehr zu leisten ist. Qualität spielt keine relevante Rolle mehr in der deutschen Medizin, weder beim Material, noch in der Behandlung. Entscheidend ist lediglich noch die „Wirtschaftlichkeit“ von Behandlungsmaßnahmen. Die zwangsweise Ökonomisierung des Gesamtsystems. Ganz wesentlich gefördert durch eine seit über 4 Jahrzehnten stagnierende GOÄ.
Wir Ärzte haben unser Waterloo schon erlebt. Danach geht es eben ab ins Exil … den Ruhestand …
wie damals Napoleon …
Tabelle 1
Inflationsraten in Deutschland von 1982 – 2023
und deren prozentuale Auswirkung auf die Arzthonorare nach GOÄ
Jahr | Inflationsrate | GOÄ-Ziffer 5, inflations-angepasst |
1982 | 5,2 % | 9,12 DM + 0,47 DM = 9,59 DM x 1,95583 = 4,66 € |
1983 | 3,2 % | 9,59 DM + 0,31 DM = 9,90 DM |
1984 | 2,5 % | 9,90 DM + 0,25 DM = 10,15 DM |
1985 | 2,0 % | 10,15 DM + 0,20 DM = 10,35 DM |
1986 | -0,1 % | 10,35 DM – 0,01 DM = 10,34 DM |
1987 | 0,2 % | 10,34 DM + 0,02 DM = 10,36 DM |
1988 | 1,2 % | 10,36 DM + 0,12 DM = 10,48 DM |
1989 | 2,8 % | 10,48 DM + 0,29 DM = 10,77 DM |
1990 | 2,6 % | 10,77 DM + 0,28 DM = 11,05 DM |
1991 | 3,7 % | 11,05 DM + 0,41 DM = 11,46 DM |
1992 | 5,1 % | 11,46 DM + 0,59 DM = 12,05 DM |
1993 | 4,4 % | 12,05 DM + 0,53 DM = 12,58 DM |
1994 | 2,8 % | 12,58 DM + 0,35 DM = 12,93 DM |
1995 | 1,8 % | 12,93 DM + 0,23 DM = 13,16 DM |
1996 | 1,4 % | 13,16 DM + 0,18 DM = 13,34 DM |
1997 | 1,9 % | 13,34 DM + 0,25 DM = 13,59 DM |
1998 | 1,0 % | 13,59 DM + 0,14 DM = 13,73 DM |
1999 | 0,6 % | 13,73 DM + 0,08 DM = 13,81 DM |
2000 | 1,4 % | 13,81 DM + 0,19 DM = 14,00 DM = 7,16 € |
2001 | 1,9 % | 14,00 DM + 0,27 DM = 14,27 DM = 7,30 € Währungsunion |
2002 | 1,5 % | 7,30 € + 0,11 € = 7,41 € |
2003 | 1,1 % | 7,41 € + 0,08 € = 7,49 € |
2004 | 1,6 % | 7,49 € + 0,12 € = 7,61 € |
2005 | 1,6 % | 7,61 € + 0,12 € = 7,73 € |
2006 | 1,5 % | 7,73 € + 0,12 € = 7,85 € |
2007 | 2,3 % | 7,85 € + 0,18 € = 8,03 € |
2008 | 2,6 % | 8,03 € + 0,21 € = 8,24 € |
2009 | 0,3 % | 8,24 € + 0,03 € = 8,27 € |
2010 | 1,1 % | 8,27 € + 0,09 € = 8,36 € |
2011 | 2,1 % | 8,36 € + 0,18 € = 8,54 € |
2012 | 2,0 % | 8,54 € + 0,17 € = 8,71 € |
2013 | 1,5 % | 8,71 € + 0,13 € = 8,84 € |
2014 | 0,9 % | 8,84 € + 0,08 € = 8,92 € |
2015 | 0,5 % | 8,92 € + 0,05 € = 8,97 € |
2016 | 0,5 % | 8,97 € + 0,05 € = 9,02 € |
2017 | 1,5 % | 9,02 € + 0,14 € = 9,16 € |
2018 | 1,8 % | 9,16 € + 0,17 € = 9,33 € |
2019 | 1,4 % | 9,33 € + 0,13 € = 9,46 € x 1,95583 = 18,50 DM |
2020 | 3,8 % | 9,46 € + 0,36 € = 9,82 € x 1,95583 = 19,21 DM |
2021 | 3,1 % | 9,82 € + 0,30 € = 10,12 € x 1,95583 = 19,79 DM |
2022 | 7,9 % | 10,12 € + 0,80 € = 10,92 € x 1,95583 = 21,36 DM |
2023 | 6,2 % (Juli 23) | 10,92 €. + 0,68 €. = 11,60 € x 1,95583 = 22,69 DM |
Berechnung des an die Inflationsrate angelehnten, prozentualen Honorar-Werterhalts:
22,69 DM : 0,0912 (1% aus 1982) = 248,79 %
Erklärung dieser prozentualen Berechnung:
9,12 DM = 100 % (Jahr 1982)
22,69 DM (inflationsbereinigt, bezogen auf den Wert von 1982) = 248,79 %
Interessenkonflikt:
Der Autor ist selbst niedergelassener Arzt und Operateur im ambulanten Bereich, und damit auch unmittelbar von dem in dieser Publikation beschriebenen ärztlichen Honorarverfall betroffen.
Anschrift für den Verfasser:
Dr. med. Roman Fenkl
Facharzt für Chirurgie
Plastische und Ästhetische Chirurgie
Moselstr. 1
64347 Griesheim
Mail: dr.fenkl@t-online.de
Literatur:
- Wikipedia: Schlacht bei Waterloo vom 18. Juni 1815 war die letzte Schlacht Napoleon Bonapartes
- Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), Dt. Ärzteverlag, Ausg. 1.5.2001, S. 13
- Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), Ausfertigungsdatum: 12.11.1982, Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz sowie des Bundesamts für Justiz –www.gesetze-im-internet.de
- Statistisches Bundesamt, Lange Reihe, Stand 2014, Überblick über die jährlichen Inflationsraten in der Bundesrepublik Deutschland von 1951 – 2014,
https://www.inflation-deutschland.de/inflation-historisch.html - de.statista.com/Inflationsrate in Deutschland von 1950 – 2019, statista 2020
- Inflationsrate in Deutschland von 1950 bis 2019, veröffentlicht von J. Rudnicka, 16.01.2020 source:https://de.statista.com/statistik/daten/studie/4917/umfrage/inflationsrate-in-deutschland-seit-1948/
- Deutsches Ärzteblatt, Heft 31 vom 06. Aug. 1982, 79. Jahrgang, Ausgabe B, Seite 32
-
Gehaltstarifvertrag für Medizinische Fachangestellte/Arzthelferinnen, gültig vom 01.04.2019 bis 31.03.2020, erstellt am 08.03.2019, AAA (Arbeitsgemeinschaft zur Regelung der Arbeitsbedingungen der Arzthelferinnen und Medizinischen Fachangestellten)
-
Inflationsrate für Deutschland von Juli 2020 – Juli 2021. Statista Research Department, 29.07.2021. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1045/umfrage/inflationsrate-in-deutschland-veraenderung-des-verbraucherpreisindexes-zum-vorjahresmonat/
-
Ambulante ärztliche Vergütung. Nebeneinander von GOÄ und EBM erhalten. Deutsches Ärzteblatt, Jg.117, Heft 6, 07.Febr.2020, S. 235-237
-
Bundesärzteordnung BÄO in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. April 1987, BGBI. I, S. 1218 / S. 1222 Kapitel V, §11
-
Aktuelle Stellungnahme der Bundesärztekammer auf ihrer Website zur GOÄ-Novellierung, letzte Aktualisierung wahrscheinlich 04/2021, online unter www.bundesaerztekammer.de/aerzte/honorar/goae-novellierung/
-
Frank, Daniel, Ein Trauerspiel-Ende offen. Die Entwicklung der GOÄ. O+U Orthopädie und Unfallchirurgie. Mitteilungen und Nachrichten. Juni 2021, Jg.11, Nr. 3, S. 33-35.
-
Heller, Karl-Dieter, GOÄ 3.0. Transkodierung von alt zu neu ist abgeschlossen. O+U Orthopädie und Unfallchirurgie. Mitteilungen und Nachrichten. August 2021, Jg.11, Nr. 4, S. 29-31.
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Rüggeberg, Jörg-Andreas, GOÄ-Stand der Verhandlungen. Passion Chirurgie IV, 2017, 7(QU4), S. 44-47
-
De.statista.com/Inflationsrate in Deutschland von Juli 2021 bis Juli 2023 vom 20.08.2023
-
Gehaltstarifvertrag für Medizinische Fachangestellte / Arzthelferinnen vom 08.12.2020 der Bundesärztekammer, aktuelle Version am 20.08.20923.
-
Zeitgemäße Behandlung – überalterte Gebührenordnung. Informationen für privatversicherte und selbstzahlende Patientinnen und Patienten. Informationsblatt + Informationsbroschüre der Bundesärztekammer vom 06.03.2023
Warum musste diese wirtschaftliche Studie erstellt werden?
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